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Sonntag, 24. August 2014

"If it was never new, and it never gets old, then it's a folk song."




Inside Llewyn Davis, der neuste Streich der Coen-Brüder, ist ein Film, der dazu einlädt, ihn sich immer wieder anzusehen und in der zeitlosen Melancholie, die er ausstrahlt, zu versinken. 
Der Film entführt uns in ein kaltes, winterliches New York. Llewyn Davis versucht, sich Anfang der 60er Jahre mit seiner Folkmusik durchzuschlagen, jedoch eher mäßig. Sein Partner hat sich das Leben genommen, seine erste Platte verkauft sich kaum und von Geldnöten geplagt zieht er obdachlos durch die Straßen, schläft bei Freunden und flüchtigen Bekannten auf Sofas und Fußböden und scheint sich auf einer endlosen Sinnsuche zu befinden.

Wer sich diesen Film ansieht, muss sich auf ihn einlassen, denn eine richtige Handlung mit Anfang und Ende sucht man hier vergeblich. Viel mehr folgt man dem jungen Musiker durch die Stadt, trifft auf die unterschiedlichsten Charaktere, einer skurriler als der andere und hört eine Menge Musik.
Handwerklich ist dieser Film topp. Tolle Aufnahmen, wunderbare Schauspieler, ein sehr guter Soundtrack. Und wer die Coens und ihren Humor mag, der wird auch an diesem Film gewiss seine Freude haben. Auch Folkfans und Kenner von amerikanischer Musik kommen sicher auf ihre Kosten, denn zahlreiche Zitate und Hommagen verstecken sich hier. 

Ich für meinen Teil fand Inside Llewyn Davis sehr gelungen, ich mochte die ruhige Erzählweise und würde ihn gerade am liebsten ein zweites Mal ansehen!
Bis dahin höre ich mir eben den Soundtrack in Dauerschleife an.





Inside Llewyn Davis
Joel und Ethan Coen
USA, 2013
Drama, Musikfilm
mit Oscar Isaac, Carey Mulligan, Justin Timberlake u.a.


Reine Poesie





"Antipoden ist die Bezeichnung für die auf der gegenüberliegenden Seite der Erde liegenden Gebiete sowie für die dort lebenden Menschen, die sozusagen mit ihren Füßen denen des Betrachters zugewandt sind."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Antipode)


Solche Gegenfüßler sind es, die der russische Dokumentarfilmer Victor Kossakovsky in seinem Film ¡Vivan las Antipodas! auf eine unglaublich feinfühlige und zärtliche Art und Weise porträtiert.
Eigentlich ist es kein klassischer Dokumentarfilm, viel mehr handelt es sich um ein dichtes Geflecht voller gewaltiger Bilder, die einem ob ihrer Größe den Atem nehmen, voller Geschichten, voller Kleinigkeiten, die zu Tränen rühren - und dabei noch so geschickt in Szene gesetzt, dass eine belebte Straße mir Rollerfahrern wie eine Ballettaufführung erscheint. 

Vier Antipodenpaare werden hier gezeigt, also acht Orte insgesamt, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
Zwei Argentinier, die in friedvoller Abgeschiedenheit leben, verschmelzen mit dem Smog Shanhais.
Ein Einsiedler in Patagonien, Chile findet mitsamt seinen Katzen und Schafen sein Gegenstück in einer Einsiedlerin am russischen Baikalsee.
Bis Island, Hawaii und sein aktiver Vulkan treffen auf Kubu in Botswana.
Castle Point in Neuseeland auf Spaniens Miraflores.

Die Bilder, die Kossakovsky hier erschafft, sind unbeschreiblich schön und erfüllen einen mit Sehnsüchten, von denen man bis dato nichts wusste. Atemberaubende Aufnahmen von fast völlig unberührter Natur stehen gleichberechtigt neben überfüllten Metropolen, die gleichermaßen faszinieren wie abschrecken.
Schnitte, Überlagerungen und verkehrt herum stehende Kamerabilder sind so geschickt eingesetzt, dass all diese unterschiedlichen Orte zu einer wunderbaren Einheit verschmelzen. Zerfurchtes Vulkangestein wird zur unebenen Elefantenhaut und die Silhouette eines markanten Felsblockes zu einem gestrandeten Wal.

So breit gefächert wie die Landschaften, die uns hier gezeigt werden, sind auch die Menschen, die sie bewohnen. Ruhig beobachtend zeichnet Kossakovsky hier unspektakulär spektakuläre Porträts von den verschiedensten Menschen und ihren Arten zu leben, ohne diese in irgendeiner Weise zu bewerten, geschweige denn abzuwerten.

Dieser Film ist eine Ode an die Vielfalt der Natur, an das Leben, an das Menschsein an sich, an alle Antipoden und an einen Planeten, dem wir etwas mehr Respekt entgegen bringen sollten.
Dieser Film ist reine Poesie.




¡Vivan las Antipodas!
Victor Kossakovsky, 2011
Dokumentarfilm